HISTORIE

„Die ungewöhnlich schnelle Besiedlung des Südens von Halle, die Entstehung eines völlig neuen Stadtviertels am Gesundbrunnen musste zu einem empfindlichen Druck besonders auf die Hutten-, die Luther- und die Weingärtenschule führen und zur Bildung von Klassen ohne Raum zwingen. Die Raumfrage konnte daher nur durch einen Schulneubau gelöst werden.“ (Magistrats-Schulrat Dr. Schröder, S.11)

 

 

 

Am 12. August 1930 war es dann soweit: „Seit Dienstag hat der Süden von Halle ein neues Zentrum oder vielmehr einen Platz, der einmal in seinem Zentrum liegen wird: Die Diesterwegschule.“ (Saale-Zeitung, 15.08.1930).

Diese erste in Halle nach dem Ende des Ersten Weltkrieges errichtete Volksschule erhielt ihren Namen nach dem großen, in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wirkenden Pädagogen Friedrich Adolph Diesterweg.

 

 

Städtebauliche Lage

In den Jahren 1926-1930 entstand die großräumige, durchgrünte Gartenvorstadt „Am Gesundbrunnen“ mit ihren locker angeordneten Wohnbauten und ihren Haus- und Dauerschrebergärten. Seit 1928 wurde ein 60 m breiter, von Schrebergärten begleiteter Grünzug angelegt, der die Siedlung von Nord nach Süd, vom ehemaligen Stadtgut Böllberg bis zur Diesterwegstraße und darüber hinaus durchquert: der heutige Pestalozzipark. Die 13,5 ha große Parkanlage wurde vom Gartenarchitekten Franz Mengel geschaffen.

Die städtebauliche Lage im Mittelpunkt der Gesundbrunnensiedlung räumte dem Schulneubau eine Vorrangstellung ein. In freier Lage erhebt sich die Schule im Schnittpunkt zweier Grünflächenstreifen an der höchsten Stelle des Geländes.

Planungs- und Baugeschichte

Der drückende Schulraummangel im Gebiet der südlichen Stadterweiterung sollte mit dem Bau der Diesterwegschule wenigstens vorübergehend behoben werden.
Wolfgang Bornemann (1889 – 1973) wurde mit der Planung der Diesterwegschule betraut. Er war Diplom-Bauingenieur und Magistrats-Baurat und vertrat die Stilauffassung des „Neuen Bauens“, welche von dem im nahegelegenden Dessau wirkenden „Bauhaus“ ausstrahlte.
In erster Linie kam es den Erziehungswissenschaftlern auf eine engere Verbindung der Pädagogik mit der Hygiene, der Leibesertüchtigung und der Werkarbeit an. In der Naturverbundenheit des Schulhauses und des darin durchgeführten Unterrichts bestand eine weitere Forderung.
Für den ersten Bauabschnitt waren 570 000 Mark veranschlagt worden, für die Turnhalle mit den dazugehörigen Nebenräumen weitere 125 000 Mark. Durch Einsparungen beliefen sich die Baukosten schließlich auf 645 000 Mark.
Nach der Eröffnung hielten 740 Schüler und Schülerinnen unterschiedlichen Alters, die zumeist aus dem Gesundbrunnenviertel stammten, ihren Einzug in die 17 vorhandenen Klassenräume. Davon bildeten 660 Kinder den eigentlichen Bestand der Diesterwegschule. (Heute sind es ca. 260 Schüler und Schülerinnen)

 

 

 

Der Grundriss

Die Diesterwegschule besteht aus einer Gruppe von ein- bis dreigeschossigen Baukörpern, die alle unterschiedliche Funktionen erfüllen und entsprechend diesen Funktionen kombiniert und winkelförmig zusammengestellt sind.

 

 

Der an der Straße sich erhebende dreigeschössige Baukörper stellt das funktionale und gestalterische Zentrum der Flügelanlage dar. In diesen führen von der Straße, vom Hof und von der Turn- und Spielwiese die drei Haupteingänge. In ihm ist das Haupttreppenhaus untergebracht.
An den dreigeschössigen Bauteil mit seinen zentralen Funktionen schließen sich im rechten Winkel drei niedriger gehaltene Flügel an: an der Straße nach Osten die Hausmeisterwohnung, nach Westen ein zweigeschossiger Bau, in dem zwei größere Klassenzimmer für je 55 Schüler übereinander liegen, und schließlich nach Süden der langgestreckte Klassentrakt. Diesen durchziehen an der Hofseite in den beiden Geschossen von Nord nach Süd 65 m lange, geräumige Korridore, an die in jeder Etage einhüftig sieben gleich große Klassenzimmer für jeweils 44 Kinder anbinden. Am Ende des Klassentraktes winkelt nach Süden ein weiterer Flügel nach Westen ab, der die Turnhalle aufnimmt.

Zur weiteren Geschichte

Nachdem der zweite Bauabschnitt 1939 fertiggestellt worden war, wurde die ältere Schule nun als „Diesterwegschule I“, die jüngere als „Diesterwegschule II“ bezeichnet. Als nach dem Zweiten Weltkrieg der Schulunterricht wieder regulär begann, erhielten in der Diesterwegschule I nur noch Knaben Unterricht. Die Diesterwegschule II beherbergte die Mädchen. 1954 gab es dann wieder gemischte Klassen. Die Schüler wurden von der ersten bis zur achten Klasse, seit der Umwandlung in eine Polytechnische Oberschule 1958 sogar bis zur zehnten Klasse unterrichtet.
In die Diesterwegschule II hat sich später die Volkshochschule Halle eingerichtet. Die Diesterwegschule I hat seit 1991 den zugewiesenen Status einer Grundschule.
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Archivialien, Literatur:

Historische Schulgebäude der Stadt Halle,Freunde der Bau- und Kunstdenkmale S.A.e.V,
Katja Spitzer: Die Diesterwegschulen I und II
Stadtarchiv Halle: Akten. Oberbürgermeister der Stadt Halle, Betr. Schule, Nr.4, Baukarte, Bilderkasten, Häuserarchiv, Personalakte: Wolfgang Bornemann, Richard Horn; Bornemann, Wolfgang: Die Diesterwegschule. Das Bauwerk, in: Kreis von Halle. Eine Monatsschrift für Kultur und den Sinn der Wirtschaft, hrsg. Von Ludwig Erich Redslob, H.1, Dezember 1930, S.6-10; Schröder: Die Diesterwegschule in pädagogischer Beleuchtung, in: Ebenda, S. 11-14




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